Die folgenden Überlegungen von Elisabeth Kelch behandeln einen Kernpunkt der Auseinandersetzung um Humanae vitae, nämlich den Aspekt der partnerschaftlichen Erfüllung in der Ehe. Oft ist kritisiert worden, dass gerade dieser Aspekt im Enzyklikatext zuwenig Beachtung finde.
Die theologisch gebildete Verfasserin darf besondere Kompetenz in diesen Fragen beanspruchen, aufgrund ihrer 61 Jahre dauernden Ehe (bis zu ihrem Tod im Jahr 2001) und als Mutter von zehn Kindern, die die Probleme bis in die Generation der Enkelkinder verfolgt hat.

Der vorliegende Artikel macht sich die Gedankengänge in Humanae vitae zu Eigen; er stimmt im Ergebnis mit der Enzyklika überein. Doch benutzt er einen etwas anderen Blickwinkel: In welcher Weise wirkt sich (künstliche) Verhütung unmittelbar auf das von der Natur vorgesehene Erleben und Empfinden der Ehepartner aus? Inwiefern ist eine überaus sensible Stelle des spezifisch ehelichen Miteinanders betroffen? Elisabeth Kelch lässt ihre Antwort von subtiler persönlicher Erfahrung herkommen und versucht die Argumente der Enzyklika zu vertiefen.

 

Überlegungen zu Humanae vitae unter dem Aspekt der ehelichen Liebe

"Der erste Grund (warum Mann und Frau die eheliche Verbindung eingehen sollen) ist eben die Gemeinschaft zwischen den beiden Geschlechtern selbst... Ein zweiter Grund ist das Verlangen nach Nachkommenschaft."1

Ausgangspunkt und Anliegen:
Laut Humanae vitae ist eine verantwortliche Familienplanung im Rahmen natürlicher Möglichkeiten erlaubt, mit Hilfe künstlicher Eingriffe in den ehelichen Liebesbereich jedoch unzulässig. Der Kindersegen darf also gelenkt werden, dies aber nur unter der Bedingung, dass die eheliche Liebe nicht manipuliert wird.
Es wird auf die zweifache Bedeutung des ehelichen Akts hingewiesen: Zum einen bringt er die Verbundenheit der Gatten zum Ausdruck und bestärkt sie; zum anderen dient er dem Entstehen neuen Lebens (HV 11). Ferner ist dem päpstlichen Rundschreiben sinngemäß zu entnehmen, dass der eheliche Verkehr rein wegen der Liebe und Treue der Partner, das heißt zweckenthoben vollzogen werden darf, wenn aus Gründen der Verantwortung der Nachwuchs begrenzt werden muss (HV 11; 16).

Trotzdem zieht Humanae vitae dort, wo es um (künstliche) Verhütung geht, in der Argumentation beide Dimensionen der ehelichen Begegnung fast durchweg zu einer Größe zusammen. Die eheliche Vereinigung um der Partner selbst willen bildet kein eigenständiges Argument.2 Der Schwerpunkt der Begründung, weshalb keine künstlichen Mittel verwendet werden dürfen, ist vielmehr auf den Ehezweck des Kindersegens gelegt. Es wird zum Beispiel gesagt, dass "‘jeder eheliche Akt’ von sich aus auf die Erzeugung menschlichen Lebens hingeordnet bleiben muss" (HV 11).3 Der zitierte Satz ist schon deshalb missverständlich, weil er in Wirklichkeit nicht generell alle ehelichen Akte, sondern nur jeden ehelichen Akt in der fruchtbaren Zeit der Frau meint. (Dies wird klar, wenn man dem Hinweis auf Casti connubii in der diesbezüglichen Anmerkung des Textes folgt. 4) Er geht auf die Erkenntnis zurück, dass die natürliche Anlage ihrem inneren Wesen nach, das heißt hier die unlösbare Verknüpfung der Sinngehalte von ehelicher Vereinigung und Fortpflanzung, gottgewollt ist und nicht künstlich verfälscht werden darf (HV 12f.,24).5
Der umstrittene Satz in Humanae vitae ist aber für viele Ehepartner, die gezwungen sind Kindersegen zu vermeiden (Gründe vgl. HV 2), in keiner Weise verständlich; denn in der Praxis kann es ihnen nicht darum zu tun sein, ihre ehelichen Begegnungen auf eine Zeugung hinzuordnen, die gar nicht eintreten soll. Diesen Paaren geht es vielmehr um die Erfüllung ihrer Liebe, soweit sie auf "die Gemeinschaft zwischen den beiden Geschlechtern selbst"6 ausgerichtet ist.

So darf es uns nicht wundern, dass Humanae vitae viele Gegner gefunden hat, die sich zu Anwälten einer von Ängsten erlösten, zweckunabhängigen Liebe machen. Sie glauben, dieses Eigenrecht der Liebe könne gerade auf der Basis der von Rom abgelehnten Kontrazeptiva realisiert werden, durch die der für sich geltende Ehesinn vom Ehezweck des Kinderkriegens abgekoppelt werde.

Genau an diesem Punkt aber muss eine Korrektur ansetzen; es geht darum zu betonen, dass (künstliche) Kontrazeption eben nicht geeignet ist, eine solche rückhaltlos innige Verbindung zwischen Mann und Frau zu gewährleisten und zu schützen. Über die vorwiegend systematischen abstrakteren Feststellungen der Enzyklika hinaus ist vor künstlichen Methoden gerade deshalb zu warnen, weil sie einer vollen persönlich erfahrbaren Liebeserfüllung sogar hemmend oder schädlich entgegen wirken:

Die Frage muss - unabhängig von dem Argument einer zu postulierenden prinzipiellen Ausrichtung auf das Kind - also lauten:
Was geschieht denn mit der ehelichen Liebe "an sich", d.h. in einem partnerbezogenen Sinn, wenn sie, anlässlich ihrer erstrebten Erfüllung, den von Rom abgelehnten Manipulationen durch (künstliche) Verhütung ausgesetzt wird?

 

Eheliche Liebe ein Einungsgeschehen - künstliche Kontrazeption ein Trennungsgeschehen

Einswerden im Liebesvollzug:
Eheliche Liebe gründet auf gegenseitigem Sich -"Erkennen". Sie ist für die Ehepartner in erster Linie ein personales Ereignis, das auf die Gemeinschaft von Frau und Mann angelegt ist, weil es "nicht gut ist, dass der Mensch allein sei" (Gen 2,18). Sie bewirkt, dass die Gatten "ein Fleisch" (Gen 2,24) werden. Dadurch bildet sich aus der ehelichen Zweisamkeit eine Zwei-Einheit, die dazu ausersehen ist, sakramental die auf Liebe beruhende Einheit von Christus und Kirche darzustellen (Eph 5; HV 8).7

Vereinigung, Einheit, Einssein: Mit diesen Begriffen des Einswerdens erfassen wir, was die personale eheliche Liebe für Mann und Frau bedeutet - in natürlicher und in übernatürlicher Hinsicht.
Die einende Kraft der ehelichen Liebe kommt im Besonderen bei den sexuellen Begegnungen zum Tragen, bei denen die Gatten zu einem von Hochgefühlen begleiteten ganzheitlichen, das heißt leib-seelischen Einswerden gelangen. Dadurch wird die elementare Sehnsucht nach dem Menschen des anderen Geschlechts gestillt und die Zusammengehörigkeit der Gatten in Freud und Leid, in harmonischen und konfliktbeladenen Zeiten stets aufs Neue gefestigt (HV 9). Es handelt sich also um einen, die ganze Existenz kreativ umfassenden, Seinsaustausch.8
Trennungsgeschehen bei Anwendung von Kontrazeptiva:
Damit kommen wir zum eigentlichen Problem: Dieselben naturhaften Vorgänge, die das Einswerden der Partner konstituieren, können an empfängnisoffenen Tagen zum Entstehen neuen Lebens führen.
Im Falle von (künstlicher) Kontrazeption werden die physiologischen Abläufe durch Kondome, Spiralen, rein auf chemischem Weg herbeigeführte Barrieren ("Pille") und andere Maßnahmen blockiert oder abgeändert, in der Absicht, eine Empfängnis zu verhüten.

Hier handelt es sich nicht um eine technische Bagatelle, die nur die Vermeidung von Kindersegen betrifft, wie gerne suggeriert wird. Die von der Natur vorgesehenen physiologisch-biologischen Prozesse sind ja keineswegs nur zweckgebunden (Nachkommenschaft). Sie stellen vielmehr gleichzeitig die der Ehe als solcher zugedachten und für die Ehe charakteristischen Mittel dar, mit denen die Partner ihre Liebe ausdrücken und im Einswerden, zu dem wesentlich die Teilhabe des Leibes als "Realsymbol der Seele"9 gehört, vollenden.
Leib und Seele des Menschen bilden eine Einheit. Gerade beim sexuellen Liebesvollzug sind die leiblichen und die seelischen Liebeskräfte beim Menschen so innig miteinander verschmolzen, dass sie sich nicht auseinander dividieren lassen. Liebe ist schließlich ihrem Wesen nach an keiner Stelle teilbar.
Wenn die der Physis entstammenden Abläufe unterbunden bzw. verändert werden, bedeutet das also nicht nur, dass kein neues Leben erwacht, sondern gleichzeitig kann auch keine ganzmenschliche Vereinigung von Mann und Frau stattfinden. (Das ist vergleichsweise so, wie wenn Küssende zwischen ihre Lippen eine Folie legen würden.)

Aus diesen Gründen mündet die Liebe im Leeren, im entpersönlichten Niemandsland, wenn sich die Partner infolge der künstlich aufgebauten Schranken nicht verströmen können im geliebten Du. Die Gatten vermögen das Geschenk ihrer Einheit, das ihr ganzes Eheleben begleiten soll, nicht in der ihnen zugedachten Form zu erfahren, wenn sich der Mann in die kontrazeptive Sperre (gleich welcher Art) anstatt in seine Frau ergießt und umgekehrt der physiologische Beitrag der Frau den Mann nicht erreicht.
So wird die elementar ersehnte vollmenschliche Vereinigung von Mann und Frau in Wirklichkeit zu einer - oft uneingestandenen - Enttäuschung.

Dabei ergibt sich aber durchaus Positives wie Triebentlastung, Erfahrung von Intimität und sogenannter "Lustgewinn". Davon lassen sich die Partner jedoch allzu leicht blenden, und sie setzen sich über die Tatsache hinweg, dass die den Menschen in seinem innersten Wesen berührende und befriedigende Erfüllung ausbleibt.

Eine kleine wahre Geschichte möge verdeutlichen, was ich meine: Eine junge Frau besuchte mich und sprach voll Überschwang von ihrer durch künstliche Kontrazeption im wahrsten Sinne des Wortes erlösten Liebe. Vorsichtige Einwände wehrte sie entschieden ab. Als ich sie zum Bus begleitete, wandte sie sich, schon im Einsteigen begriffen, noch einmal um und flüsterte mir zu: "Ich weiß genau, dass du Recht hast."

Die verdrängte Enttäuschung wirkt gefährlich weiter:
Es liegt nicht zuletzt an der Logik des um das Einssein gebrachten ehelichen Verkehrs, dass viele Menschen im sexuellen Akt nur mehr einen unverbindlichen "Spaß" mit austauschbaren Akteuren finden. Das letztlich enttäuschende Erleben ehelicher Liebe ist sicherlich ein Hauptgrund dafür, dass heute Untreue, Partnertausch, Ehemüdigkeit und Scheidungen überhand nehmen und durch die Massenmedien Tag für Tag sogar noch verharmlost werden.

Das alles ist überaus Besorgnis erregend. Aber es steht, wie Humanae vitae lehrt, mehr auf dem Spiel. Denn wir finden den "Quellgrund" der ehelichen Liebe in Gott, welcher Liebe und Vater ist. Von ihm her zieht sich ein Bogen über Christus und Kirche hin zur Ehe als sakramentalem Gnadenzeichen (HV 8). Ein in den innigsten Ausdruck ehelicher Gemeinschaft eingebauter, zwar nur äußerlich scheinender, jedoch tief sich auswirkender Vorbehalt kann nicht im Einklang mit der absoluten Liebe Gottes stehen und nicht mit der Liebe Christi zur Kirche.
So geht es letztlich um die "Einheit und Urverbundenheit aller Wirklichkeit"10 und damit um die Lehre vom Menschen als Ebenbild Gottes. Hier ist kein Ausweichen auf rein geistig-seelische Betrachtungsweisen hilfreich; denn "die Leiblichkeit ... ermöglicht, trägt und bedingt personale Begegnung"11 der Menschen untereinander und mit Gott, gerade bei denjenigen, die sich auf die Ehe und ihre Ausdrucksformen einlassen.

Insbesondere durch den Gebrauch der "Pille" wird auf bedenkliche Weise das Persongeheimnis der Frau, das im himmlischen Vater verankert ist, berührt.
Denn der schon erwähnte Trennungseffekt ergibt sich bei der Pille ja dadurch, dass der weibliche Zyklus eingeebnet und damit die Zeugungsfähigkeit der Frau gestört wird. Diese Fähigkeit jedoch gehört wesentlich auch dann zur Gesamtpersönlichkeit der Frau, wenn diese kein Kind bekommen möchte.12
Abgesehen davon ist die Einnahme dieser Chemikalie mit gesundheitlichen Risiken und mit möglicherweise heute noch nicht abschätzbaren Spätfolgen verbunden.
Die Gegner natürlicher Methoden führen ins Feld, dass an den sozusagen erlaubten empfängnisfreien Tagen die Bereitschaft der Frau für den Mann merklich nachlasse; dies sagen sie mit einigem Recht. Merkwürdigerweise wird jedoch nicht dazugesagt, dass durch die "Pille" diese natürliche Bereitschaft auch abflacht und durch eine extra Hormongabe künstlich wieder aufgebaut wird, so dass der Körper der Frau zum Tummelplatz chemischer Manipulationen wird.
So wird die auf gegenseitiger Achtung vor der personalen Würde der Partner aufgebaute eheliche Liebesbeziehung durch die Pille gleich mehrfach belastet.

Künstliche Kontrazeptionsmethoden bewirken also rein menschlich gesehen, dass die Beziehung zwischen Mann und Frau in diesem einen - doch ausschlaggebenden - Sinn ihre wesenhafte Tiefe verliert. Sie verursachen zudem einen Riss in der Einheit von Schöpfer und Schöpfung an ihrer irdischen Basis und führen dazu, daß der existenzielle Glaubenshintergrund der Ehe aus unserem Bewusstsein entschwindet.

Fazit:

Das moderne Leben bringt es mit sich, dass die eheliche Begegnung zwischen Mann und Frau in der Ehe über sehr viele Jahre hinweg nicht dem Kindersegen, sondern ausschließlich dem Partner und der ehelichen Verbundenheit gilt. Von der Qualität der ehelichen Liebe "an sich", nicht zuletzt wie die Partner ihr spezifisch eheliches Leben gestalten, hängt mehr denn je das Gelingen der Ehe ab, in persönlicher, staatlich - sozialer und in kirchlich - sakramentaler Hinsicht.

Wenn die Enzyklika in und außerhalb der Kirche weithin als leibfeindlich und widersprüchlich eingestuft wird, so liegt das daran, dass sie die lehramtliche Position nur im Hinblick auf die Elternschaft begründet. Der Eigenwert der ehelichen Liebe wird zwar ausdrücklich anerkannt (HV 9); bei der Ablehnung der künstlichen Kontrazeptiva aber rückt die eheliche Liebe nur insoweit ins Blickfeld, als sie dem Kindersegen dient, kaum aber in ihrer speziellen Bedeutsamkeit für die Partner selbst (HV 11-16).

Der innerkirchliche Dissens kann, so glaube ich, nur dadurch überwunden werden, dass gerade die "liebende Vereinigung" (HV 12) als "Ausdruck der vollendeten Einheit des Mannes und der Frau"13 zum entscheidenden Argument wird, das genau gegen die künstliche Kontrazeption spricht. 14

Noch ein Wort zur Praxis:
"Die WAHRHEIT DES DENKENS besteht darin, einen Gedanken nach seiner ganzen Tiefe, Höhe und Breite durchzuführen und vor keiner Konsequenz zurückzuscheuen.

Die WAHRHEIT DES TUNS ist anders. Sie besteht darin, die schmale Stelle der Möglichkeit zu suchen und die eigene Kraft in das rechte Maß zu bescheiden, wissend, dass der vollzogene Ansatz durch die innere Logik des Lebens selber weitergeführt wird.15

Indem wir die Dinge von ihrem Wesen her gründlich durchdenken, gewinnen wir die ihnen gemäße geistige Einstellung und dürfen hoffen, dass sie von daher weiterwirken.

Etwas Anderes ist die praktische Durchführung, die aus vielschichtigen Gründen oft von den als richtig erkannten Zielen und Richtlinien abweicht.
Hier wäre zu wünschen, dass die Kirche - als weise und verständnisvolle Mutter - einen Weg fände, ihre einschlägigen Verfügungen als "Zielnorm"16 anzubieten, ohne freilich sie in irgendeiner Form zu untergraben und zu verwässern.

Elisabeth Kelch sah, genau wie die Enzyklika Humanae vitae, in den natürlichen Methoden der Empfängnisregelung, vor allem in den symptothermalen Methoden und deren sorgfältiger Vermittlung, einen gangbaren Weg, der von vielen gern angenommen wird. Vom Prinzip her glaubte sie an diese Voraussetzung, um eheliche Sexualität im von ihr beschriebenen Sinn voller erleben zu können. Aus ihrem menschlichen Umkreis wusste sie aber auch um die Angst vor unerwünschter Schwangerschaft und die Schwierigkeiten, die - aus unterschiedlichsten, hier nicht zu wertenden Gründen - bei aller anerkannten Sicherheit der Methoden für viele Paare immer wieder entstehen. Daher war es ihr sehr wichtig, den Gedanken der Zielnorm bei moralischen Entscheidungen zu betonen.
(Die Erläuterung stammt von  Frau Gertrud Hofmann, eine Tochter der Verfasserin. Sie können Frau Hofmann erreichen unter:
gertraudam.hofmann@t-online.de )

Anmerkungen:

1 Sog. Römischer Katechismus (2. Teil, 8. Kap., 13. Fr.), zitiert nach Michael Schmaus, Katholische Dogmatik, München 1964, Bd. IV(1), S. 798.
Schmaus, ebenda, S. 791-798 gibt einen geschichtlichen Abriss davon, wie diese beiden Aspekte der Ehe, hier "Zwecke" genannt, in ihrer Rangordnung und Bedeutung seit der Antike immer wieder neu abgewogen und begrifflich definiert wurden, bis hin zur Enzyklika Casti connubii (von 1930) und darüber hinaus.
2 - Allenfalls wird in Humanae vitae 13 im Fall von Verhütung ein "Widerspruch zur Natur des Mannes und der Frau und deren inniger Verbundenheit" festgestellt bzw. in Humanae vitae 18 das Anliegen verteidigt, die "Würde der Eheleute" zu sichern. Diese beiden - auf abstrakter Ebene formulierten - Stellen sind die einzigen, die bei der Argumentation im Hinblick auf die Eheleute selber als eigene, für sich zu betrachtende Gemeinschaft ins Feld geführt werden.
- Das Lehramt hat früher richtungweisend den Eheauftrag, Leben ins Dasein zu rufen, besonders hervorgehoben und die eheliche Liebe diesem Auftrag zugeordnet. In der Vergangenheit herrschte ja über weite Zeiträume hinweg ein hoher Nachwuchsbedarf und das biblische "Wachset und mehret euch" musste dringend befolgt werden. - Zudem hat der einflussreiche Kirchenlehrer Thomas von Aquin, in Anlehnung an Aristoteles, gelehrt, dass jeder Naturvorgang, auch der eheliche Vollzug, ein letztes Ziel - im Fall der Ehe also ein Kind - verfolge. Eine solche Gewichtung der beiden Ehe"zwecke" verschob sich, zugunsten des Eigenwertes ehelicher Liebe als eigenem Aspekt, erst in der Enzyklika Casti connubii und darauf basierend vor allem in Humanae vitae.
(Dieser Ansatz wird darin freilich m. E. eben nicht genügend konsequent durchgehalten.
Auch das spätere apostolische Mahnschreiben Familiaris consortio von Papst Paul II. geht, was die Argumente gegen Verhütung betrifft, hier nicht über Humanae vitae hinaus.)
3 Zitate aus Humanae vitae nach der Ausgabe im Christiana-Verlag, hg. von Arnold Guillet, Stein a. Rh., 1981.
4 In Casti connubii heißt es:"[J]edweder Vollzug der Ehe, bei dessen Ausübung der Akt durch den Vorsatz der Menschen seiner natürlichen Kraft, Leben zu erzeugen, beraubt wird, bricht das Gesetz Gottes und der Natur..." (zitiert nach Heinrich Denzinger, Enchiridion symbolorum, definitionum et declarationum de rebus fidei et morum, lat.-dt., übers. u. hg. v. Peter Hünermann, Herder, Freiburg, 37. Aufl. 1991, Nr. 3717.
5 Vgl. auch Casti connubii, siehe Denzinger, a.a.O., Nr. 3716.
6 wie Anm.1
7 Vgl. Schmaus, a.a.O., S. 793-798.
Vgl. Josef Pieper, Über die Liebe, München 1972, S. 139.
8 Vgl. Ladislaus Boros, Der anwesende Gott, Freiburg 1964, S. 24.
9 Gerhard Ludwig Müller, Katholische Dogmatik, Freiburg i. Br. 1995, S. 652.
10 ebenda, S. 651.
11 ebenda, S. 652.
12 Auf die etwas andere Situation der Menopause soll hier nicht näher eingegangen werden.
13 Schmaus, a.a.O. S.796.
14 ein Argument, das genauso von den naturgegebenen Voraussetzungen der ehelichen Verbindung ausgeht und von einer anderen Seite her die Position der Enzyklika bestätigt.
15 Romano Guardini, zitiert nach einer Todesanzeige. - Leider konnte ich die ursprüngliche Quelle nicht auffinden.
16 Siehe Karl Rahner, Konfrontationen, in: Schriften zur Theologie, Bd. 9, Einsiedeln 1970, S. 286.